Vetternwirtschaft und Korruption: Rechtswidriger Fahrzeugkauf der Gemeinde bei einem Parteifreund von Bürgermeister Esser musste rückabgewickelt werden

(September 2020)

Am 12. März 2019 hatte der Gemeindevorstand über einen Beschaffungsvorgang für den Bauhof beraten. Das günstigste Angebot wurde kurz vor der Sitzung zurückgezogen, weil das angebotene Fahrzeug nicht mehr verfügbar war. Der Anbieter – zugleich ein Weilroder Mandatsträger und Parteifreund von Bürgermeister Esser - hatte jedoch ein Ersatzangebot eingereicht, das ebenfalls günstiger als die übrigen Angebote war; dies hatte er allerdings in Kenntnis der Konkurrenz-Angebote getan. Ich hatte bei der Beratung darauf hingewiesen, dass es zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs nicht zulässig ist, ein Angebot zu akzeptieren, das in Kenntnis der anderen Angebote erstellt wurde. Trotzdem erhielt das nachträglich eingereichte Angebot des Weilroder Mandatsträgers mit einem Volumen von über 26.000,- € den Zuschlag. Hier handelt es sich um einen klassischen Fall von Vetternwirtschaft und Korruption, denn es wurde einem Parteifreund von Bürgermeister Esser ein Geschäft zugeschoben, das nach Recht und Gesetz einem anderen Anbieter zustand.

Nach § 74 HGO hätte Bürgermeister Esser diesem Beschluss widersprechen und über die strittige Angelegenheit bei der nächsten Sitzung nochmals beschließen lassen müssen. Er hat jedoch genau das Gegenteil gemacht und den Kauf schnellstmöglich abgewickelt.

Daraufhin habe ich den Fall der Kommunalaufsicht geschildert und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bürgermeister Esser eingereicht. Dabei wies ich auch darauf hin, dass es sich um ein Geschäft mit einem Mandatsträger handelt, das gemäß § 77 Abs. 2 HGO von der Gemeindevertretung zu genehmigen ist.

Eine Reaktion der Kommunalaufsicht erfolgte monatelang nicht. Auf meine Nachfrage wurde mir am 06.08.2019 lapidar mitgeteilt, dass noch keine Stellungnahme des Bürgermeisters vorliegt, er dementsprechend erinnert wurde und ich nach Eingang der Stellungnahme zeitnah Antwort erhalte.

Nach insgesamt 10 Monaten - mit Schreiben vom 16.01.2020 - kam dann die Antwort: Die Kommunalaufsicht hatte die Überprüfung des Falles abgeschlossen und in Schreiben an Bgm. Esser und mich bestätigt, dass der vom Gemeindevorstand am 12. März 2019 gefasste Beschluss rechtswidrig ist, weil gegen vergaberechtliche Regelungen verstoßen wurde. „Die Gemeinde hätte das Ersatzangebot nicht berücksichtigen dürfen.“ Weiter stellte die Aufsichtsbehörde fest, dass die bei diesem Rechtsgeschäft mit einem Mandatsträger notwendige Genehmigung durch die Gemeindevertretung nicht eingeholt wurde, sodass es „schwebend unwirksam“ ist. Durch die Nachholung der Genehmigung könnte das Rechtsgeschäft noch wirksam werden.Vor dem Hintergrund der Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens hat die Kommunalaufsicht Bürgermeister Esser jedoch geraten, die Rückabwicklung des Geschäfts vorzunehmen und die Beschaffung neu auszuschreiben.

Ich fand es gut, dass die Kommunalaufsicht Bürgermeister Esser Grenzen aufzeigte und hatte gehofft, dass dadurch vielleicht auch die schweigende Mehrheit der FWG-Mandatsträger wachgerüttelt wird, die fragwürdige Aktivitäten des Bürgermeisters viel zu oft nicht nur toleriert, sondern durch ihr Abstimmverhalten auch aktiv unterstützt.

Außerdem war ich davon ausgegangen, dass die Rückabwicklung des Vetternwirtschaft-Geschäfts zügig vorgenommen wird. Doch dem war nicht so.

Bürgermeister Esser hat ein Netzwerk von Seilschaften geknüpft, das bis zum Landrat und in die Redaktionen der Lokalpresse reicht. Die zu diesem Thema erfolgten Berichterstattungen in der Lokalpresse am 08.02.2020 waren eine gelungene Vernebelung und Beschönigung von Vetternwirtschaft und Korruption. Die Landratsamt-Abteilung 'Kommunalaufsicht' hat sich nicht weiter um diese Angelegenheit gekümmert und nicht nachgefragt, ob die Rückabwicklung vorgenommen wurde. Auch meine Erinnerungsschreiben an die Kommunalaufsicht vom 02.03.2020 und vom 22.06.2020 hatten daran nichts geändert. Erst aufgrund meines Schreibens vom 21.08.2020 an die Aufsichtsbehörde für den Hochtaunuskreis – das Regierungspräsidium in Darmstadt – wurde das Landratsamt wachgerüttelt und Bgm. Esser dazu bewegt, die Rückabwicklung zuletzt vorzunehmen - im September 2020.

Damit ist dieser Fall von Vetternwirtschaft und Korruption nach eineinhalb Jahren reguliert worden. Der erschreckend lange Zeitraum bis zur Rückabwicklung, die unrühmliche Rolle der Abteilung 'Kommunalaufsicht' des Landratsamtes, die Vernebelungsberichte in der Lokalpresse und das nicht existierende Schuldgefühl bei Bgm. Esser hinterlassen einen bleibenden Nachgeschmack.